Interview mit Magnus Walker

„Reine Performance ist nicht alles“

Modedesigner, Auto-Sammler, urbaner Outlaw – Magnus Walker wird von vielen in der Welt der Performance-Fahrzeuge bewundert. In einem exklusiven Interview für die AMG Private Lounge spricht er über seine jüngsten Erfahrungen am Steuer der „Silber Sau“.

Es ist 9 Uhr morgens kalifornischer Zeit, als Magnus Walker in seinem Haus in Los Angeles den Hörer abnimmt. Er ist gut gelaunt und freut sich hörbar, über das Thema zu sprechen, das ihm besonders am Herzen liegt: Performance-Fahrzeuge. Kürzlich hat Walker ein Video von sich veröffentlicht, in dem er den Mercedes-Benz 300 SEL AMG „Silber Sau“ fährt, eine Replik der legendären „Roten Sau“, die vor 50 Jahren Weltruhm erlangt hatte.


Magnus und die „Silber Sau“


Hallo Magnus, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, über Ihre Erfahrungen mit der „Silber Sau" zu sprechen. Im Video sagen Sie, das Auto stehe für „Erfolg gegen alle Widrigkeiten“. Könnte das auch Ihr persönliches Motto gewesen sein, als Sie als 19-Jähriger von Großbritannien in die USA ausgewandert waren, um Ihr eigenes Modelabel zu gründen?

Das ist in beiderlei Hinsicht richtig. Eine viertürige Limousine ist nicht das, was man sich vorstellt, wenn man an einen Rennwagen denkt. Die ursprüngliche „Rote Sau“ hat dies widerlegt und die Neuauflage zu fahren, die Mercedes mit ein paar modernen Leistungsverbesserungen gebaut hat, war für mich daher ein großer Spaß. Die „Silber Sau“ war überraschend wendig für ein Auto, das größer und schwerer erscheint, als es tatsächlich ist. Das war also der Underdog vor 50 Jahren. Als ich 1986, also vor 35 Jahren, nach Amerika kam, konnte ich mich ein wenig in die Rolle des Underdogs hineinversetzen, und das kann ich immer noch. Da gibt es also einige Ähnlichkeiten.


Sie wurden 2012 durch den Kurzfilm „Urban Outlaw“ international bekannt. Würden Sie sich auch heute noch als Outlaw bezeichnen?

Ich denke, wir alle haben einen kleinen Outlaw-Geist in uns. Es geht nur darum, ob man sich entscheidet, diesem Weg zu folgen oder nicht. Was mich betrifft: Ich wuchs in Sheffield in den späten 70ern und frühen 80ern auf. Sheffield war eine nördliche Industriestadt, vielleicht nicht allzu unähnlich zu Stuttgart. Ich stand auf Rock'n'Roll und Heavy Metal, das waren schon immer eher Outlaw-Musikgenres, die nicht der Norm entsprachen. Ich glaube, das lag einfach in meiner DNA, dass ich mich nicht unbedingt an Regeln halten wollte. Ich verließ die Schule in einem frühen Alter. Ich mochte es nie wirklich, wenn man mir sagte, was ich zu tun hatte. Ich mag diese Einstellung, dass es die ultimative Freiheit ist. Dann wählte ich die passende Art von Fahrzeugen und modifizierte sie, um ihnen meine eigene Persönlichkeit zu geben.

Magnus Walker vor einem Fahrzeug
Magnus Walker vor einem Fahrzeug

Fotografie | Tommy Kallgran


Glauben Sie, dass es heute viele moderne Outlaws gibt?

Ja, natürlich! Manche würden sagen, Elon Musk ist ein Outlaw, der die Dinge ein bisschen anders macht. Der Geist des Outlaws kann alles sein, vom Cowboy „The Outlaw Josey Wales“ (Anm. d. Red.: ein Westernfilm von 1976 mit Clint Eastwood in der Hauptrolle und unter seiner Regie) bis hin zu einem Koch, der ein neues Gericht ausprobiert. Offensichtlich gibt es diese verschiedenen Ebenen der Outlaw-Ausprägung. Aber allein die Entscheidung, auf der anderen Straßenseite zu gehen, könnte an manchen Orten als Outlaw-Verhalten angesehen werden. Das ist ein ziemlich loser Begriff.


Was machte die „Rote Sau“ damals zu einem Outlaw?

Niemand hat erwartet, dass eine große viertürige Mercedes-Limousine auf der Rennstrecke konkurrenzfähig sein würde. Das war wirklich etwas außerhalb der Norm. Als ich in England aufgewachsen bin, habe ich viele Rennen gesehen, bei denen auch Limousinen zum Einsatz kamen. Aber Mercedes hat viele Leute überrascht, als sie vor 50 Jahren in Spa diese Klasse gewannen. Das hat dieses Auto wirklich bekannt gemacht und zu einer Ikone werden lassen. Das erste Mal habe ich den Nachbau in Monterrey 2018 oder 2019 gesehen. Als wir die Gelegenheit bekamen, die „Silber Sau“ zum ersten Mal in Pebble Beach zu fahren, bekamen wir das Auto kaum aus dem zweiten Gang heraus. Wir konnten seine Leistungsgrenzen nicht wirklich ausloten.

Fahraufnahme von Magnus Walker in der „Silber Sau“
Fahraufnahme von Magnus Walker in der „Silber Sau“

Etwa ein Jahr später drehte ich dieses Video, eine Woche bevor das Auto zurück nach Deutschland gebracht wurde. Und ich konnte es auf einer offenen Straße erleben, dabei das gesamte Leistungsspektrum ausreizen. Es war beeindruckend! Das Auto wiegt nicht wirklich viel. Es hat einen 6,8-Liter-V8-Motor mit einem verbesserten manuellen Sechsganggetriebe und modifizierter Aufhängung. Es fährt sich wirklich sehr, sehr gut und ist super laut, als stünde man neben einer Kreissäge. Es ist etwas abgespeckt, aber es ist aufregend, spannend – schlicht berauschend. Und das war es auch, was ich in dem kurzen Video mit dem Titel „Die Silber Sau“ einfangen wollte.

Fotografie | Dilan Mistry


Wie verkörpert die „Rote Sau“ den Geist von AMG?

Ich denke, sie verkörpert den Geist von AMG, weil es sich um ein Performance-Auto handelt, das sein fünfzigjähriges Jubiläum feiert. Es war eines der ersten Autos, das AMG gebaut hat, soweit ich weiß. Ich bin schon viele AMGs gefahren. Ironischerweise habe ich eine Auto-Show auf YouTube mit dem Titel „The Next Big Thing“, deren jüngste Staffel vor kurzem gestartet ist. Zum Auftakt fuhr ich einen 1984er Mercedes-AMG 500 SEC auf den Straßen von New York. Damals, in den 80er Jahren, war das ein großes Statussymbol. Für mich ist AMG immer noch der Gipfel der Leistung, und es spielt keine Rolle, ob man einen AMG aus den 70ern, einen AMG aus den 80ern oder, wie ich vor ein paar Wochen hier in L.A., den jüngsten Mercedes-AMG GT 63 S fährt. Das gemeinsame Band zwischen ihnen allen ist Leistung, kombiniert in einem handlichen Paket. Das ist es, was für mich zählt.


Urban Outlaw, Magnus Walker

  • Geboren am 7. Juli 1967 in Sheffield (UK)
  • Emigrierte im Alter von 19 Jahren in die USA
  • Gründete seine eigene Bekleidungsmarke „Serious“.
  • Einer der prominentesten Autosammler der Welt
  • Der Kurzfilm „Urban Outlaw“ machte ihn berühmt
  • Bestseller-Memoiren „Urban Outlaw: Dirt Don't Slow You Down”
  • Gastgeber der YouTube-Serie „The Next Big Thing”
Magnus Walker und seine Freundin in einem Mercedes Flügeltürer
Magnus Walker und seine Freundin in einem Mercedes Flügeltürer

Fotografie | Dilan Mistry


The Next Big Thing with Magnus Walker


Sie sind ein weltbekannter Autoliebhaber, aber auch ein erfolgreicher Modedesigner. Wo liegen die Schnittstellen zwischen Mode und Autos?

Das ist ziemlich einfach: Es geht um Stil, Optik und Individualität. Autos müssen gut aussehen, aber sie müssen auch nutzbar sein. Genauso wie Mode einen gewissen Stil haben sollte, aber auch tragbar und funktional sein muss. In gewisser Weise kommen und gehen die Trends mit der Mode. Die Automobilwelt ist ein wenig ähnlich. Bestimmte Autofarben scheinen für eine gewisse Zeit beliebt zu sein. Im Moment sehe ich hier in Kalifornien viele blaue Autos. Das Auto ist eine Art Spiegelbild dessen, was in dieser Zeit gerade angesagt ist, und das wird natürlich vom Stil bestimmt.


Trends kommen und gehen – was sehen Sie derzeit sowohl in der Mode als auch bei Autos?

In der Mode scheint es viele Rückgriffe auf die 80er Jahre zu geben, mit der frühen Hip-Hop-Baggy-Kleidung, die auf eine seltsame Art und Weise bequem ist, zumindest in den USA. Der Trend, den ich bei Autos sehe, ist neben der Elektrifizierung, dass die Leistung immer stärker wird. Heute gibt es eine Menge Autos mit 600 oder 700 PS. Das war vor 30, 40 Jahren noch undenkbar. Das Leistungsvermögen hat sich also enorm weiterentwickelt. Heute kann man Fahrzeuge mit 1.000 PS kaufen. Aber am Ende des Tages bestimmt die Straße, wie schnell man auf ihr fahren kann. Hier in Amerika haben wir nicht die Autobahn mit unbegrenzten Geschwindigkeiten. Das heißt, mit einem 1.000-PS-Auto ist man nicht unbedingt viel schneller unterwegs als mit einem 260-PS-Auto. Unterm Strich muss die Leistung also auch nutzbar sein und das bedeutet Fahrbarkeit in allen möglichen Umgebungen.

Magnus Walker in einem Fahrzeug mit einer Kamera im Hintergrund
Magnus Walker in einem Fahrzeug mit einer Kamera im Hintergrund

Fotografie | Dilan Mistry


Apropos persönliche Leistung – wie hat sich die Pandemie in den letzten eineinhalb Jahren auf Ihre Kreativität ausgewirkt?

Gute Frage. Vor März 2020 war ich überall unterwegs und kaum in Los Angeles. In den letzten 18 Monaten bin ich nicht mehr wirklich viel gereist – aber ich war kreativer als in den vergangenen fünf Jahren. Das Reisen war großartig, es gab überall Inspiration, aber ich war nie wirklich lange genug an einem Ort, um diese Inspiration in Kreativität umzusetzen. Als ich zu Hause geblieben war, setzte ich mich zum ersten Mal seit einigen Jahren wieder an die Nähmaschine und begann gleich zu Beginn der Pandemie mit der Herstellung von Masken. Ich begann mit der Arbeit an einer dritten Auflage meines Buches. Ich habe eine Fernsehsendung aufgenommen. Ich habe mit Nike zusammengearbeitet. Außerdem haben meine Freundin und ich ein Haus aus dem Jahr 1925 gekauft, das wir zurzeit restaurieren, was neben Autos ein weiteres kreatives Ventil für mich ist. All die Dinge, die ich in den letzten 18 Monaten getan habe, hätte ich nicht getan, wenn ich den Achterbahn-Reiseplan von vorher beibehalten hätte.


Glauben Sie, dass Sie nach der Pandemie wieder zu Ihrem alten, achterbahnartigen Reisestil zurückkehren werden?

Wir setzen jetzt Prioritäten, wenn wir reisen. Ein perfektes Beispiel: Ich wurde nach New York eingeladen, um ein Formel-E-Rennen zu besuchen. Und ich liebe die Formel E. Früher wären wir ohne zu zögern hingefahren. Aber jetzt haben sich unsere Prioritäten verschoben. Wir haben gerade das Haus gekauft und wir haben uns einen Hund zugelegt. Ihr Name ist Willow und sie ist ungefähr 18 Monate alt. Das ist jetzt ausschlaggebend dafür, ob wir uns auf den Weg machen und wieder in die „Achterbahn“ einsteigen. Jetzt geht es eher darum, ein bisschen wählerischer zu sein und wirklich nur die Erlebnisse auszuwählen, die inspirierend und unvergesslich sind – wie zum Beispiel 2019, als ich in einem Mercedes Flügeltürer zur Mille Miglia kam.

Magnus Walker und seine Freundin in einem Mercedes Flügeltürer auf der Mille Miglia
Magnus Walker und seine Freundin in einem Mercedes Flügeltürer auf der Mille Miglia

Fotografie | Dilan Mistry


Sie sprachen von vielen Quellen der Kreativität und Inspiration. Gibt es ein bestimmtes Fahrzeug, eine bestimmte Person oder Bewegung, die Sie derzeit besonders inspiriert?

Wovon ich mich aktuell inspirieren lasse, ist die Restaurierung eines Jaguar E-Type Serie 3 V12 2+2, der der „Silber Sau“ ein wenig ähnelt. Ich hoffe, dass ich etwa 400 PS aus dem V12-Motor herausholen kann. Das ist es, worauf ich momentan besonders gespannt bin.


Viel Glück dabei! Gibt es ein weiteres AMG Erlebnis, das Sie mit den Mitgliedern der AMG Private Lounge teilen möchten?

Der letzte AMG, den ich gefahren bin, war der AMG GT 63 S hier in L.A. Für mich hat er eine ähnliche DNA wie die „Silber Sau“, was die nutzbare Leistung angeht. Ich komme immer wieder auf die nutzbare Leistung zurück, und ich denke, da ist AMG wirklich herausragend. Ich mag die Vielfalt der Erfahrungen, die man beim Fahren verschiedener Modelle machen kann, und ich bin schon viele Mercedes-Fahrzeuge gefahren. Alle vereint eine erstklassige und nutzbare Leistung, selbst wenn man hier in L.A. mal wieder im Verkehr feststeckt.

Magnus Walker in einem Mercedes-AMG mit einem Kameramann auf dem Beifahrersitz
Magnus Walker in einem Mercedes-AMG mit einem Kameramann auf dem Beifahrersitz

Fotografie | Dilan Mistry


Vielen Dank, Magnus! Möchten Sie uns noch ein paar abschließende Gedanken mit auf den Weg geben?

Was ich den Leuten gerne sagen würde, ist: Genießt das Leben und macht das Beste aus jedem Moment! Wie wir in den letzten 18 Monaten festgestellt haben, ist das Leben ein wenig anders, wenn unsere Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist. Also: rausgehen und fahren, Leute treffen und neue Umgebungen erleben. Das ist mein Lebensmotto – genieße es, solange du das Beste daraus machen kannst.


Wir hoffen, Sie haben diesen Einblick in das Leben und die Erlebnisse von Magnus Walker genossen.

Mehr zum Jubiläum des legendären Triumphs der „Roten Sau“ finden Sie demnächst hier in der AMG Private Lounge.

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