Schnitzel, Kaiserschmarrn oder Sachertorte sind wohl die ersten Köstlichkeiten eines jeden Weltenbummlers, der Halt im zauberhaften Wien macht. In Folge sechs unseres Videoformats High Performance Chef verschlägt es uns mit dem Guide MICHELIN in die beliebte Metropole an der Donau.
An einem lauen Sommerabend, umhüllt vom wohligen Geruch des Naschmarkts, führt es uns nach einem kurzen Spaziergang weg vom dichten Getümmel des beliebten Touristenmagneten an den Rand der Leopoldstadt, dem 2. Bezirk der österreichischen Hauptstadt. Hier geht es spürbar ruhiger zu. In den romantisch verschachtelten Gassen, eingefasst von gotischen Bauten, befindet sich unser Ziel und der Eingang zu einer weiteren kulinarischen Offenbarung. Herzlich Willkommen im Restaurant Konstantin Filippou.
Während auf der Terrasse der „G'spritzte“, die Wiener Weinschorle, serviert wird und man sich in tiefsinnigen Gesprächen verliert, blinzelt die Sonne noch ein letztes Mal zum Abschied des Tages durch das Häuser-Spalier. Doch erst einige Stunden später, wenn auch der letzte Gast gegangen ist, wenn ein neuer Tag anbricht und die Präsenz des alten noch in der Luft liegt, wenn alles wirklich still ist, bricht die magische Zeit des Zwei-Sterne-Kochs Konstantin Filippou an: „Am liebsten denke ich über neue Speisen nachts zwischen 00:00 Uhr und 2:00 Uhr in einem großen Raum nach. Nur dann habe ich vollendete Ruhe!
Ruhe braucht Filippou für einen ganz speziellen Findungsprozess: „Wenn ich neue Gerichte kreiere, denke ich zunächst an einen Geschmack, mit dem ich eine ganz bestimmte Emotion verbinde, und dann gilt es, dieses Gefühl in ein Gericht zu übersetzen“, beschreibt der Chefkoch den Startschuss seiner Kreationen. Gutes Essen solle innerlich berühren, uns entführen aus dem Alltag – hin zu den schönsten Kindheitserinnerungen und Urlaubserlebnissen. Doch wie verleiht er seinen Gerichten diese ganz besonderen Eigenschaften? Die Antwort lautet: Mit Zeit und Passion. „Es ist unmöglich jede Woche ein perfektes Gericht zu kreieren. Ein Gutes, ja – ein Perfektes, nein.“
Denn erst, wenn Filippou und seine Crew von einer Komposition zu 100% überzeugt sind, ist sie bereit für ihren großen Auftritt auf dem Teller der Gäste. „Die Menschen wollen verstehen, was auf ihren Tellern vor sich geht. Das ist das Fantastische an unserer Cuisine: Sie erklärt sich ohne weitere Erläuterungen von selbst.“ Jedes Gericht ist ein Kunstwerk, so wie die gestockte Erdbeercreme an Ziegenmilch-Pannacotta, serviert mit einem Nussbuttereis. Fine Dining ohne sich dabei den Kopf zu zerbrechen, von welcher Seite man am besten anfängt zu essen, um alle Geschmacksakteure zu erwischen – das ist Filippous Maxime.
Das perfektionistische Wesen des Küchenchefs geht einher mit seiner Vorliebe für minimalistische Grundprinzipien: „In Einfachheit kommt man Perfektion sehr nahe. Manchmal habe ich das Gefühl, dass schlichte Dinge und das einfache Kochen näher an der Perfektion sind als Gerichte, die man mit zu vielen Zutaten überfrachtet.“ Alles was nicht unbedingt nötig ist, wird in seiner Küche reduziert. Ein Schema, das sich auch im gesamten Interior-Design des Restaurants wiederfindet: Verschiedene Oberflächen gehen eine harmonische Symbiose ein – von Holz bis Glas, alle in schwarz und ebenholzfarben getönt. Bis auf ein paar goldene Akzente und anthrazitfarbene Servietten, lenkt nichts vom eigentlichen Star der Show ab: dem Essen.
Rezept-Download
Exklusiv für Sie, als Mitglied der AMG Private Lounge: Konstantin Filippous Rezept "Rindermark mit gerösteten Haselnüssen, Wacholderfond und Champignons" zum Download. Viel Spaß beim Nachkochen!
Die Gerichte selbst reflektieren die Wurzeln des Sternekochs. Aufgewachsen ist er als Sohn einer österreichischen Mutter und eines griechischen Vaters inmitten zweier Geschmackswelten: mediterran und traditionell österreichisch. Er sagt, es schlugen schon immer zwei kulinarische Herzen in seiner Brust. Heute bringt er das Beste aus beide Welten zusammen und kombiniert sie zu etwas Neuem. „Schon als ich klein war, hatte ich immer wieder Berührungspunkte mit unterschiedlichen Aromen, die ich einfach besser kennenlernen und über die ich mehr erfahren wollte.“
Diese Neugierde gibt er mit seinen Kreationen an die Gäste weiter. Der Chefkoch hat es sich zur besonderen Aufgabe gemacht, die Geschmäcker der Menschen zu überraschen. Dafür fordert er auch gerne unbeliebte, weil bitter schmeckende Lebensmittel heraus und verwandelt sie mit Kreativität und Raffinesse in ein Geschmackserlebnis der Extraklasse. Belohnt wurde Filippou 2014, ein Jahr nach der Eröffnung seines Restaurants, mit seinem ersten MICHELIN Stern. Seit 2018 schmückt auch der zweite Stern die Wand neben dem Eingang zum Restaurant.
Eine wichtige Rolle für diesen Erfolg spielt das Produkt selbst: „Wir verwenden ausschließlich hochwertige Produkte von Zulieferern, die wir vereinzelt sogar persönlich kennen.“ Zum Beispiel Weine des Winzers Christian Tschida aus Illmitz am Neusiedler See, einer von „vielen fantastischen Weinproduzenten aus Österreich, die uns sehr inspirieren.“
Im Tagesgeschäft versteht sich der Chefkoch mehr als genauer Beobachter. Dabei überblickt er sowohl die Stimmung in der Küche als auch die im Restaurant. Zwei Bereiche die unterschiedlicher nicht sein könnten und die es gilt, in Balance und Einklang zu bringen. Die in die Trennwand eingelassenen Fenster ermöglichen den Gästen freie Sicht auf das Geschehen in der Küche. Sie sehen ein perfekt eingespieltes Team, das beinahe wortlos zusammenarbeitet. Jeder hat seinen Platz und weiß genau, was er zu tun hat. Schnelle Hangriffe, auf Effizienz getrimmt. „Ich mag kein Chaos und keine Überraschungen in der Küche“, sagt Filippou. „In dem Moment, wenn der Ball ins Rollen kommt und alles rund läuft, empfinde ich eine Leichtigkeit und bin zufrieden.“
Wenn Konstantin Filippou über sein Team spricht, dann beschreibt er es als eine große Familie, die die Gäste miteinschließt. „Jeder Künstler braucht ein Publikum: Für uns sind es unsere Gäste – für AMG sind es die Fahrer. Wir haben keine Angst vor Feedback. Nur so hören wir nie auf, uns weiterzuentwickeln!“
Zur Weiterentwicklung gehört auch die Eröffnung des Bistros „O boufés“ direkt nebenan im Jahr 2015. Statt eines Buffets finden die Gäste auch hier exquisite Cuisine à la carte. Für den Chefkoch ist das O boufés wie Urlaub: „Wenn ich sehr gestresst bin, dann gehe ich ins Bistro und in meinem Kopf legt sich ein Schalter um. Hier geht es lockerer zu. Hierher kommen meine Freunde, meine Familie und wir essen zusammen und haben eine tolle Zeit. Es hört sich immer so an, als würde ich das Bistro lieber mögen als das Restaurant. Aber so ist es nicht. Es ist einfach anders und hält mich im Gleichgewicht!“
Ausgleich und Balance sind wichtig, das weiß Konstantin Filippou nur zu gut. Auf die Frage, wie ein perfekter Tag für den erfolgreichen Sternekoch jenseits der Arbeit aussieht, hält er kurz inne und antwortet dann mit seinem gewohnt breiten Lächeln auf den Lippen: „An einem perfekten Tag sitze ich mit meiner Familie und all meinen Freunden an einem riesigen Tisch, mit ausgezeichnetem Essen, bei fantastischem Wein und wir feiern zusammen das Leben.”
