Der britische Künstler Nick Veasey fotografiert mit Röntgenstrahlen alle Dinge, die ihm vor die Linse kommen – und kehrt damit ihr Inneres nach außen. 63Magazine hat den Mercedes-AMG GT R in seine Röntgeninspektion geschickt!
Beim Wort „Röntgenstrahlen“ denken die meisten Menschen an Knochenbruch und Krankenhaus. Nicht so Nick Veasey. Der vielfach preisgekrönte englische Künstler scannt alle Gegenstände in seiner Umgebung danach ab, ob sie für seine Röntgenfotografie geeignet sind. Er fing mit einer kleinen Coladose an – und hat mit dieser Technik inzwischen auch ganze Busse, Flugzeuge und viele andere Fahrzeuge aufgenommen.
„Mit Mitte zwanzig war ich ein nicht allzu erfolgreicher Fotograf“, erinnert sich Nick Veasey. „Dann erhielt ich die Gelegenheit, das Röntgenbild einer Coladose zu machen. Dieser Moment hat mein Leben verändert. Danach wollte ich nichts anderes mehr tun!“
Wir treffen den gebürtigen Londoner im Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen in Fürth – das einzige Röntgensystem auf der Welt, das groß genug ist, um ein komplettes Auto aufzunehmen. Hier begann Veasey vor einigen Jahren, Oldtimer zu röntgen und zu fotografieren. Heute hat er sich allerdings einen Wagen vorgenommen, der hochmodernes Design und zukunftsweisende Technik vereint – das Mercedes-AMG GT R Coupé*.
Eine schöne, aber anspruchsvolle Aufgabe: „Die heutigen Autos sind viel komplexer“, sagt Veasey. „Sie sind voller Elektronik, Lautsprecher, Knautschzonen und Airbags.“ Unter diesen Einbauten kann er während der Aufnahme nicht differenzieren. „Der Röntgenstrahl durchdringt immer das gesamte Objekt. Man kann ihn nicht auf halbem Weg stoppen.“
*Kraftstoffverbrauch kombiniert: 12,4 l/100 km | CO2-Emissionen kombiniert: 284 g/km | Emissionsangabe [1]
Veasey gibt den Startschuss. Der Mercedes-AMG GT R wird in die Halle gefahren, auf einer Plattform positioniert und mit einem Kran angehoben. Gemeinsam mit den Forschern des Fraunhofer-Instituts richtet der Künstler das hochauflösende Röntgensystem exakt aus. Seine Optik fotografiert die Bilder, die auf der Oberfläche eines Leuchtschirms entstehen. Dieser sogenannte Szintillator verwandelt die Röntgenstrahlung in sichtbares Licht.
Veasey und alle Mitarbeiter verlassen die Halle. Im Vorraum justieren sie das Röntgengerät. Bei neun Megaelektronenvolt, also 9.000.000 Elektronenvolt und damit dem 20fachen herkömmlicher Röntgensysteme, wird der Mercedes-AMG GT R 20 Minuten lang geröntgt – ohne Schaden für Mensch und Maschine.
„Autos oder Dosen werden durch die Strahlung in keiner Weise kontaminiert“, erklärt Veasey. Sobald das Gerät ausgeschaltet wird, klingt die Röntgenstrahlung ab. Dennoch sind Sicherheitsmaßnahmen notwendig, die größtenteils automatisiert ablaufen. „Die Systeme sind so konzipiert, dass die Röntgenaufnahme erst dann beginnt, wenn jeder Mensch den Raum verlassen hat.“ Aufgrund der Strahlendosis macht Veasey nie Aufnahmen von lebenden Menschen. Um einen ähnlichen Effekt zu erzielen, nutzt er Skelette.
Wenige Sekunden später: Auf dem Bildschirm erscheint die Röntgenaufnahme. Veasey ist begeistert.
In feinen Linien zeichnet sich das aufwendige Innenleben des Mercedes-AMG GT R auf dem Screen ab. Das zweidimensionale Bild besitzt eine ungeahnte plastische Tiefe, enthüllt die Leidenschaft und das große technische Vermögen, welche die AMG Mechaniker in den Bau des Sportwagens einfließen ließen.
Die Aufnahme des Mercedes-AMG GT R auf dem Bildschirm ist noch nicht das vollendete Kunstwerk. Zu Hause wird er es noch am Computer bearbeiten. „Jetzt ist es erst zu 80 % fertig. Ich möchte noch einige Bereiche verbessern, zum Beispiel die Speichen der Felgen oder das Lenkrad etwas mehr herausheben."
"Ich manipuliere es – aber grundlegend verändern werde ich das Bild nicht.“
Nick Veasey, Röntgenkünstler
Das Studium von Nick Veaseys Bildern lehrt uns: Wenn man die Gegenstände um sich herum intensiv betrachtet, wird man immer Schönheit finden. Weihnachtsbäume, DJ-Equipment, Schuhe, Pfeifen – bei seinen „forensischen Untersuchungen“ hat der Künstler aus unzähligen Objekten die Anmut des Verborgenen herausgekitzelt, die Seele der Dinge. Dennoch ist er immer neugierig geblieben: „Wenn eine neue Erfindung herauskommt, möchte ich sie röntgen. Vor kurzem ist der Astronaut Tim Peake als erster Brite ins All geflogen. Die Kapsel, in der er zur Erde zurückgekehrt ist, würde ich gerne fotografieren. Das steht auf der To-do-Liste!“
Man darf also gespannt sein, welche Gegenstände Nick Veasey als Nächstes unter die Lupe nimmt. Bis dahin genießen wir seine Aufnahme des Mercedes-AMG GT R, die auf faszinierende Weise die raffinierten Details aufdeckt, die normalerweise unter seiner Karosserie verborgen bleiben.
Seit 1996 hebt Nick Veasey die Fotografie auf eine neue Stufe – sein Röntgenblick durchdringt sogar Metall!
Fakten.
Der Brite Nick Veasey nutzt Röntgenstrahlen, um seine einzigartigen Kunstwerke mit Aufnahmen von Objekten aller Art zu schaffen.
Die Anfänge:
Veasey kreierte 1996 sein erstes Röntgenkunstwerk.
Die Bilanz:
Der Brite hat bis heute über 5.000 Objekte geröntgt.
Röntgen eines Autos durch Nick Veasey:
Energie: 9 Megaelektronenvolt, Dauer: 20 Min.
Röntgen einer Blume durch Nick Veasey:
Energie: 40 Kiloelektronenvolt, Dauer: 30 Sek.
X-ray Art | Nick Veasey
Fotografie | Jan Hütz
Nick Veasey: Röntgenkunst.
